Das BVerwG hat am 22.03.2017 entschieden, dass Beihilfebescheide zurückgenommen werden können, wenn ein beihilfeberechtigter Beamter seine Ehefrau ermächtigt hat, ihn in Beihilfeangelegenheiten zu vertreten und diese ohne Kenntnis des Beamten, aber unter seinem Namen Beschäftigte der Beihilfestelle durch Bestechung oder arglistige Täuschung veranlasst hat, unrichtige Beihilfebescheide zu seinen Gunsten zu erlassen.
Auch könnten die aufgrund dieser Bescheide antragsgemäß auf das Konto der Ehefrau überwiesenen Beihilfeleistungen von dem Beamten grundsätzlich zurückgefordert werden, obwohl er von diesen Zahlungen keine Kenntnis hatte, so das BVerwG.
Der beihilfeberechtigte Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Beamter im Dienst des beklagten Landes Berlin. Seine Ehefrau wurde u.a. wegen Bestechung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. In dem Urteil wird u.a. festgestellt, dass sie über Jahre hinweg in zahlreichen Fällen mit dem Namenszug des Klägers unterzeichnete Beihilfeanträge unter Beifügung von gefälschten Zahnarztrechnungen eingereicht hatte. Diese Anträge wurden von einer Tante des Klägers, die als Sachbearbeiterin in der Beihilfestelle tätig war, entweder bewilligt oder in den Geschäftsgang gegeben. Die jeweils auf das in den Anträgen angegebene Konto der Ehefrau ausgezahlten Beihilfeleistungen i.H.v. insgesamt etwa 600.000 Euro hatten die beiden Frauen unter sich aufgeteilt. Ein gegen den Kläger wegen dieser Vorgänge eingeleitetes strafrechtliches Ermittlungsverfahren wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Das Landesverwaltungsamt Berlin hatte die betreffenden Beihilfebescheide insoweit zurückgenommen, als sie auf gefälschten Rechnungen beruhten. Mit gesondertem Bescheid hatte es die danach zu Unrecht gewährte Beihilfe von dem Kläger zurückgefordert.
Während Klage und Berufung gegen die Rücknahme der Beihilfebescheide erfolglos geblieben waren, hatte der Kläger mit seiner Klage gegen die Rückforderung der Beihilfeleistungen vor dem Verwaltungsgericht überwiegend Erfolg. Das Verwaltungsgericht hatte lediglich auf einen Rückforderungsanspruch von knapp 200.000 Euro erkannt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hatte das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Das BVerwG hat die gegen die Rücknahme der Beihilfebescheide eingelegte Revision des Klägers zurückgewiesen, das den verbleibenden Rückforderungsbetrag betreffende Urteil des Oberverwaltungsgerichts hingegen aufgehoben.
Nach Auffassung des BVerwG ist die Rücknahme der Beihilfebescheide rechtmäßig. Der Kläger könne sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in deren Bestand berufen. Vertrauensschutz scheide kraft Gesetzes u.a. aus, wenn der Verwaltungsakt durch Bestechung oder arglistige Täuschung erwirkt worden sei. Das sei hinsichtlich der betroffenen Bescheide der Fall. Diese seien nach den zweifelsfreien Feststellungen in dem gegen die Ehefrau ergangenen Strafurteil überwiegend durch Bestechung einer Bediensteten des Beklagten und im Übrigen – wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat – durch arglistige Täuschung herbeigeführt worden. Der Kläger müsse sich die von seiner Ehefrau vorgenommenen Bestechungs- und Täuschungshandlungen in Anwendung eines Rechtsgedankens des Zivilrechts zurechnen lassen, weil er seine Ehefrau beauftragt hatte, ihn in Beihilfeangelegenheiten zu vertreten. Der Rückforderungsbescheid sei hingegen rechtswidrig. Das beruhe nicht schon darauf, dass der Kläger von den auf das Konto seiner Ehefrau überwiesenen Beihilfeleistungen keine Kenntnis hatte. Die Ehefrau habe in den Beihilfeanträgen angegeben, die Leistungen seien ihrem Konto gutzuschreiben. Da sie von dem Kläger umfassend mit seiner Vertretung in Beihilfeangelegenheiten beauftragt gewesen sei, sei ihm auch diese Erklärung in Anwendung zivilrechtlicher Grundsätze mit der Folge zuzurechnen, dass er als derjenige anzusehen sei, der die Leistungen erhalten habe. Der Bescheid halte aber einer rechtlichen Prüfung deshalb nicht stand, weil die Rückforderung von Gesetzes wegen im Ermessen stehe und das Landesverwaltungsamt wesentliche Gesichtspunkte, die gegen eine Rückforderung – wenn auch nicht zwingend – sprechen könnten, nicht gewürdigt habe. Insbesondere habe es nicht in seine Erwägungen eingestellt, dass der Kläger weder von den Bestechungs- und Täuschungshandlungen noch von den Zahlungen Kenntnis gehabt habe.
BVerwG, Urt. v. 22.03.2017 – 5 C 4.16, 5 C 5.16
Pressemitteilung des BVerwG Nr. 18/2017 v. 22.03.2017