Das VG Trier hat am 08.02.2022 die Klage eines Gymnasiallehrers aus dem Großraum Trier, mit der er sich gegen die Beaufsichtigung und Anleitung der von den Schülern durchgeführten sogenannten Corona-Selbsttests wendet, abgewiesen.
Mit Blick auf die derzeitige COVID-19-Pandemie haben die rheinland-pfälzische Landesregierung und das Ministerium für Bildung im Frühjahr 2021 Regelungen zur Testung von Schülern auf eine Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 erlassen. In diesem Zusammenhang hat das Ministerium im April 2021 ein Testkonzept zum „Einsatz von Antigen-Selbsttests an Schulen in Rheinland-Pfalz“ an alle Schulleiter, Lehrer und pädagogischen Fachkräfte aller Schulen in Rheinland-Pfalz übersandt und in einem weiteren Schreiben ausgeführt, zur dienstlichen Verpflichtung der Lehrkräfte gehöre es, die Testungen vor- und nachzubereiten, die Schülerinnen und Schüler anzuleiten und sie bei der Durchführung der Selbsttests zu beaufsichtigen.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger im Oktober 2021 Klage erhoben und macht im Wesentlichen geltend, er stelle die Sinnhaftigkeit oder Zweckmäßigkeit der Testungen nicht in Frage, habe jedoch datenschutz- und haftungsrechtliche Bedenken. Die Anweisung sei nicht durch die einschlägige Dienstordnung gedeckt und überschreite den Aufgabenbereich des Lehrers. Außerdem bestehe eine erhöhte Infektionsgefahr, was bei ihm als Risikopatienten besonders zum Tragen komme. Das beklagte Land als Dienstherr ist hingegen der Ansicht, der Kläger könne die angegriffene Weisung mangels Rechtschutzbedürfnis nicht vor den Verwaltungsgerichten angreifen, sondern sei auf eine – hier bereits negativ abgeschlossene – innerdienstliche Remonstration zu verweisen. Jedenfalls sei die Weisung rechtmäßig.
Die Richter der 7. Kammer haben die Klage abgewiesen. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus, die Klage sei zulässig. Auch wenn für innerdienstliche Weisungen grundsätzlich ein Remonstrationsverfahren vorgesehen sei, schließe dies eine verwaltungsgerichtliche Klage des Beamten nicht aus. Da eine Weitergabe des SARS-CoV2 während der Selbsttestung der Schüler nicht ausgeschlossen werden könne, sei der Kläger (auch als Beamter) potentiell in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit betroffen. Die Weisung sei jedoch in der Sache rechtmäßig. Die Beaufsichtigung stelle eine amtsangemessene Aufgabe für den Kläger dar. Der Aufgabenbereich einer Lehrkraft erstrecke sich auf die organisatorische Unterstützung des allgemeinen Schulbetriebs. Auch sei (in einem gewissen Rahmen) ein Tätigwerden mit dem Ziel der Sicherstellung der Gesundheit der Schüler dem typischen Tätigkeitsfeld einer Lehrkraft zuzuordnen.
Die Beaufsichtigung überschreite die Grenzen einer zulässigen Aufgabenzuteilung auch nicht deshalb, weil hierbei vom Kläger die Durchführung eines medizinisch-diagnostischen Verfahrens verlangt würde. Aus dem Testkonzept ergebe sich eindeutig, dass die Schüler den Test selbst durchführen und hierbei nur von den Lehrern beaufsichtigt und ggf. angeleitet werden. Zudem könnten diese Tests von jeder Person ohne medizinische Vorkenntnisse an sich selbst durchgeführt werden, sodass von den Lehrkräften kein besonderer medizinischer Sachverstand verlangt werde. Eine Grenze wäre hier folglich erst zu ziehen, wenn vom Kläger eine körperliche Interaktion mit den Schülern verlangt würde, was aber hier gerade nicht der Fall sei.
Des Weiteren sei das beklagte Land seiner gegenüber dem Kläger bestehenden Fürsorgepflicht gerecht geworden. Durch das Testkonzept sei das Infektions- und Erkrankungsrisiko auf ein zumutbares Maß reduziert worden. Das verbleibende
(Rest-)Risiko einer Infektion mit SARS-CoV2 während der von ihm beaufsichtigten Selbsttestungen und einer anschließenden Erkrankung an COVID-19 sei dem Kläger zuzumuten, weil es nicht über das durch den Unterricht schon gegebene Maß hinausgehe. Eine behauptete Risikoerkrankung habe der Kläger mit dem vorgelegten inhaltsarmen Attest nicht hinreichend belegt.
Die Kammer teile auch nicht die datenschutzrechtlichen Bedenken des Klägers. Ihm sei es verwehrt, die – vermeintlichen – Rechte der Schüler im eigenen Namen geltend zu machen. Im Übrigen sei die Weitergabe der Gesundheitsdaten der Schüler auch zulässig, um die weitere Ausbreitung der COVID-19-Pandemie in der Gesamtbevölkerung weitestgehend einzudämmen und den Präsenzunterricht an rheinland-pfälzischen Schulen zur Gewährleistung einer adäquaten Schulbildung aufrechtzuerhalten.
Gegen das Urteil können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.
VG Trier, Urt. v. 08.02.2022 – 7 K 3107/21.TR
Pressemitteilung des VG Trier Nr. 4/2022 v. 16.02.2022