Den bisherigen Grund- und Hauptschullehrern, die seit der Schulstrukturreform in Rheinland-Pfalz an einer „Realschule plus“ in Rheinland-Pfalz eingesetzt sind, muss eine zumutbare und realistische Chance auf Erfüllung der Befähigungsvoraussetzungen für das Amt eines Lehrers mit der Befähigung für das Lehramt an einer Realschule plus eröffnet werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig am 11.12.2014 entschieden.
Durch das Landesgesetz zur Änderung der Schulstruktur vom 22. Dezember 2008 wurden in Rheinland-Pfalz alle „Regionalen Schulen“ zum Schuljahr 2009/2010 in „Realschulen plus“ umgewandelt; für die Haupt- und Realschulen war das Verfahren bis zum Schuljahr 2013/2014 gestreckt; seitdem sind die allgemeinbildenden Schulen in die Schularten Grundschule, Realschule plus und Gymnasium gefächert. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Lehramt an Hauptschulen abgeschafft.
Die Klägerin ist Lehrerin mit der Befähigung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen (Besoldungsgruppe A 12 LBesO). Sie war ursprünglich an einer Hauptschule und seit 2004 an einer Regionalen Schule eingesetzt. Seit dem Schuljahr 2009/2010 ist sie – wie rund 3 000 andere ehemalige Hauptschullehrer – an einer Realschule plus tätig. Den Antrag, ihr ab dem Schuljahr 2013/2014 das Amt einer Lehrerin mit der Befähigung des Lehramts an einer Realschule plus (Besoldungsgruppe A 13 LBesO) zu übertragen, hilfsweise ihr eine Zulage in Höhe des Besoldungsunterschieds zwischen den Besoldungsgruppen A 12 und A 13 LBesO zu zahlen, lehnte das beklagte Land ab; auch vor den Vorinstanzen blieb ihr Antrag ohne Erfolg.
Das BVerwG hat festgestellt, dass das beklagte Land der Klägerin die Befähigung für das Lehramt einer Lehrerin an einer Realschule plus nicht auf der Grundlage der derzeitigen Lehrkräfte-Wechselprüfungsverordnung (LWPO) versagen darf.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG gehört es, dass das Statusamt eines Beamten (Amt im statusrechtlichen Sinne) und der von ihm wahrgenommene Dienstposten (Amt im konkret-funktionellen Sinne) sich entsprechen. Die derzeitige Rechtslage an den Realschulen plus in Rheinland-Pfalz führt dagegen zu einem dauerhaften Auseinanderfallen von Statusamt und Funktion. Lehrer wie die Klägerin mit der Befähigung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen unterrichten seit Jahren trotz fehlender formeller Qualifikation beanstandungsfrei auf einem Dienstposten an Realschulen plus, ohne dass ihnen das entsprechende Statusamt übertragen ist. Dies kann mit Blick auf die Umorganisation der Schulstruktur des Landes übergangsweise nur dann hingenommen werden, wenn den Betroffenen eine zumutbare und realistische Chance eingeräumt ist, die Befähigungsvoraussetzungen für das Amt eines Lehrers an Realschulen plus berufsbegleitend zu erwerben.
Die Regelungen der LWPO in der derzeitigen Fassung genügen dem nicht. Sie stellen zum Teil unverhältnismäßige Voraussetzungen auf. Gegenstand der Wechselprüfung ist die Feststellung, ob der Lehrer den gegenüber einer Hauptschule gesteigerten Anforderungen des Unterrichts an einer Realschule plus entspricht; im Vordergrund der Prüfung steht die praktische Kompetenz des Lehrers. Hiervon ausgehend ist insbesondere zu beanstanden, dass einem Lehrer, der über einen längeren Zeitraum (hier: fünf Jahre) zur vollen Zufriedenheit des Dienstherrn an einer Realschule plus unterrichtet hat, regelmäßig abverlangt wird, parallel zu seinen (ihn auslastenden) Unterrichtsverpflichtungen eine schriftliche Hausarbeit anzufertigen (§ 18 LWPO)
Das beklagte Land wird die Regelungen über diese Wechselprüfung zu überarbeiten haben. Für die Nachbesserung hat das BVerwG eine Frist bis (spätestens) zum Beginn des Schuljahres 2015/16 gesetzt.
BVerwG, Urt. v. 11.12.2014 – 2 C 51/13
Pressemitteilung Nr. 80/2014 des BVerwG vom 11.12.2014