Das VG Meiningen hat im Disziplinarverfahren gegen einen Professor der Universität Erfurt wegen wiederholter sexuell motivierter Annäherung an Studentinnen am 29.10.2020 entschieden, dass seine Dienstbezüge für die Dauer von 30 Monaten zu kürzen sind, er jedoch nicht aus dem beamteten Dienstverhältnis zu entfernen ist.
Der Beklagte wurde am 19.02.2008 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit als Professor für das Fach “Wissenschaftsphilosophie” an der Universität Erfurt ernannt. Er ist seit dem 29.10.2019 rechtskräftig mit Strafbefehl des AG Erfurt wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung im besonders schweren Fall, zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu 117 Euro verurteilt worden.
Diese Tathandlungen, in denen es um sexuell motivierte Annäherungen an Studentinnen ging, sind Gegenstand des Disziplinarverfahrens gegen den Beklagten. Mit der Disziplinarklage wird dem Beklagten vorgeworfen, zwei weibliche Studierende belästigt zu haben, wobei es mit einer der Studentinnen zu sexuellem Kontakt gekommen sei. Mit der Disziplinarklage beantragte das Ministerium für Wissenschaft des Freistaates Thüringen deswegen den Disziplinarbeklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
Das VG Meiningen hat die Kürzung der Dienstbezüge um 20% für die Dauer von 30 Monaten angeordnet.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die sexuell motivierten Annäherungen an die beiden Studentinnen als ein achtungs- und vertrauensunwürdiges Verhalten des verbeamteten Professors zu werten, das als gravierende Verletzung seiner Dienstpflichten ein erhebliches Dienstvergehen des Beklagten darstellt. Nach der Einlassung des Beklagten zur Sache, wobei er die Vorwürfe weitgehend eingeräumt hat, und der Vernehmung eine der beiden betroffenen Studentinnen als Zeugin ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die planmäßige Suche nach Sexualkontakten in der Universität allerdings noch nicht die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertige, denn die (volljährigen) Studentinnen seien keine Schutzbefohlenen mehr, sondern vielmehr längst erwachsene Personen. Daher seien durchaus sexuelle Kontakte zwischen an einer Hochschule tätigen Lehrenden und Studierenden ohne Verletzungen der Dienstpflichten denkbar. Ob es sich dabei um ein übergriffiges Verhalten des Professors handele, müsse vielmehr im konkreten Einzelfall bewertet werden.
Für das Dienstvergehen verhängte die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts gegen den beklagten Professor die Kürzung seiner Dienstbezüge um 20% für die Dauer von 30 Monaten (gesetzlich maximal möglich wären 36 Monate). Nachdem der Beklagte für diese Taten bereits strafrechtlich zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen á 117 Euro verurteilt worden war, konnte hier eine Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 ThürDG nur deshalb ausgesprochen werden, weil diese Disziplinarmaßnahme zusätzlich erforderlich war, um den Beamten zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und um das Ansehen des Beamtentums zu wahren. Die Voraussetzung der zusätzlichen Pflichtenmahnung seien trotz der geständigen Einlassung erforderlich. Außerdem sei die Maßnahme auch zur Wahrung des Ansehens des Beamtentums nötig.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, dagegen kann noch Berufung beim OVG Weimar eingelegt werden.
VG Meiningen, Urt. v. 29.10.2020 – 6 D 4/20 Me
Pressemitteilung des VG Meiningen Nr. 6/2020 v. 03.11.2020