Die nach Besoldungsgruppen abgestufte Angleichung der abgesenkten Ostbesoldung in Sachsen auf die volle Besoldung (die niedrigeren Gehaltsgruppen von A 2 bis A 9 schon am 01.01.2008, die darüber liegenden Gehaltsgruppen ab A 10 erst am 01.01.2010) war im Hinblick auf die historisch einmalige Sondersituation mit dem Grundgesetz noch vereinbar. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mit mehreren Urteilen entschieden und dabei die Grenzen für nach Besoldungsgruppen differenzierende Besoldungsanpassungen betont.
Im Jahre 2003 übertrug der Bund die tarifvertraglich vorgesehene gestufte Angleichung in das Besoldungsrecht, indem er die volle Besoldung für die Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 für den 01.01.2008 und für die höheren Besoldungsgruppen ab A 10 für den 01.01.2010 vorsah. Nach Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Beamtenbesoldungsrecht auf die Länder im September 2006 führte der Freistaat Sachsen diese Regelung in seinem Landesgesetz vom Januar 2008 fort. In den Jahren 2008 und 2009 erhielten damit die höheren Besoldungsgruppen 92,5 %, die niedrigeren Besoldungsgruppen 100 % der Normalbezüge. Eine Zulage stellte sicher, dass in diesen beiden Jahren die Bezüge eines nach A 10 besoldeten Beamten nicht geringer waren als die Bezüge eines nach A 9 auf bereits angeglichenem Niveau besoldeten Beamten.
Die Kläger sind eine nach der Besoldungsgruppe R 1 besoldete Richterin und acht Beamte der Besoldungsgruppen A 10 und A 11. Ihre Klagen blieben auch in der Revisionsinstanz ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts u. a. ausgeführt, die gesetzgeberische Wertung, dass zwischen 2004 und 2009 die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den neuen Ländern eine geringere Besoldung rechtfertigten, sei nicht zu beanstanden. Es hat allerdings hervorgehoben, dass der Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) einen angemessenen Abstand zwischen den Besoldungsgruppen erfordern. Dieser Abstand als struktureller Bestandteil des Besoldungsgefüges darf nicht durch unterschiedliche Besoldungsanpassungen zu Lasten einzelner Besoldungsgruppen eingeebnet werden.
Dauer und Umfang der verzögerten Besoldungsanpassung sind hier schwerwiegend (zwei Jahre, 7,5 %). Auch das Ziel, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren, rechtfertigt für sich alleine keine Ungleichbehandlung zu Lasten einzelner Besoldungsgruppen. Daran ändert auch nichts, dass sich die vorliegende Regelung an die Entgeltvereinbarungen des Tarifvertrages anlehnt. Zwar sind die Regelungen eines Tarifvertrags ein wichtiger Indikator bei der Frage, ob eine Abkopplung des Besoldungsniveaus von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu besorgen ist. Wegen der Unterschiede zwischen dem Tarifvertrags- und dem Besoldungsrecht (dort von den Tarifvertragsparteien frei ausgehandelte Entgelte, hier Entscheidung des Gesetzgebers in Erfüllung grundgesetzlicher Verpflichtungen) können Tarifverträge aber dann nicht als Richtschnur für Besoldungsanpassungen dienen, wenn sie ihrem Inhalt nach mit Strukturprinzipien des Besoldungsrechts kollidieren, wie hier mit der Notwendigkeit eines angemessenen Abstands zwischen den Besoldungsgruppen.
Gleichwohl hat das Bundesverwaltungsgericht die hier zu beurteilende gestufte Besoldungsanpassung und die damit einhergehende vorübergehende Einebnung des Abstands der Besoldungsgruppen als noch verfassungskonform angesehen. Dies beruht auf der besonderen, einmaligen Situation, in der sich der sächsische Landesgesetzgeber im Jahr 2008 gegen Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der deutschen Einheit befand. Er durfte sich dafür entscheiden, die vorgefundene bundesrechtliche Besoldungsregelung bis zum Ablauf des dort bestimmten Übergangszeitraums (Ende 2009) fortzuführen.
BVerwG, Urt. vom 12.12.2013 – 2 C 49/11
Pressemitteilung Nr. 86/2013 des BVerwG vom 12.12.2013