Das BVerwG hat am 02.03.2017 entschieden, dass eine dienstliche Beurteilung auch von nur einem Beurteiler, der die Leistung im Beurteilungszeitraum nicht aus eigener Anschauung kennt, erstellt werden kann, wenn eine hinreichende Kenntnisverschaffung sichergestellt ist.
Die Klägerin, eine bei der Bundesnetzagentur verwendete Bundesbeamtin, wendet sich gegen eine im Ankreuzverfahren erstellte Regelbeurteilung. Sie macht insbesondere geltend, der Beurteiler sei weder zu einer eigenständigen Bewertung ihrer Leistungen in der Lage gewesen noch habe er sich ausreichende Kenntnis hierüber verschafft. Ihre Herabstufung um eine Notenstufe gegenüber den vorangegangenen Beurteilungen sei nicht plausibel.
Die Beklagte ist in den Vorinstanzen zur Neubeurteilung der Klägerin verpflichtet worden. Angesichts der uneinheitlichen Notenvergabe in den Einzelmerkmalen habe es einer Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung bedurft. Darüber hinaus habe die Beklagte unzulässige Vergleichsgruppen für die vorgegebenen Quoten gebildet: zum einen habe sie Tarifbeschäftigte nicht einbeziehen dürfen, zum anderen dürften in einer Vergleichsgruppe nicht Beamte in unterschiedlichen Laufbahnen zusammengefasst werden.
Das BVerwG hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BVerwG bedurfte es angesichts der uneinheitlichen Bewertung der Leistungen der Klägerin in den Einzelmerkmalen einer Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung. Dieses müsse bereits bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung erfolgen und könne nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Die Beurteilung dürfe zur Gewährleistung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs auch von einem Beurteiler erstellt werden, der die Leistung im Beurteilungszeitraum nicht aus eigener Anschauung kennt d.h. sie dürfe auch durch einen höheren Vorgesetzten als einzigem Beurteiler erstellt werden, der einen Überblick über die gesamte Vergleichsgruppe besitze. Ein derartiges Beurteilungssystem setze aber voraus, dass sichergestellt werde, dass der Beurteiler über hinreichende Kenntnis von den für die Beurteilung wesentlichen Tatsachen verfüge d.h. sich der Beurteiler durch eine Einbeziehung der Fachvorgesetzten hinreichende Kenntnis über die Leistungen des zu beurteilenden Beamten verschaffe (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 BLV i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG). Würden hierzu schriftliche Beurteilungsbeiträge erstellt, seien diese für eine etwaige gerichtliche Kontrolle aufzubewahren. Da die Einordnung in vorgegebene Quoten oder Richtwerte der Klärung einer Wettbewerbssituation diene, müsse die Vergleichsgruppe aus Beschäftigten bestehen, die potentiell in einer Konkurrenzsituation zueinander stünden. Dies sei bei Beamten aus unterschiedlichen Laufbahnen oder Laufbahngruppen grundsätzlich nicht der Fall. Denn das bei einer Beförderung zu vergebende Statusamt werde auch durch die Laufbahn bestimmt. Beamte und Tarifbeschäftigte einer Behörde stünden dagegen in einem potentiellen Konkurrenzverhältnis um Beförderungsstellen. Um eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen in zukünftigen Auswahlverfahren erleichtern zu können, dürften daher auch Angestellte in das Regelbeurteilungsverfahren und die hierfür geltenden Richtwerte einbezogen werden. Für derartige Binnenbeurteilungen finde der in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu Arbeitszeugnissen – die für eine Verwendung außerhalb des Bereichs des bisherigen Arbeitgebers bestimmt seien – entwickelte Wohlwollensgrundsatz keine Anwendung.
Das Beurteilungssystem der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen entspreche den oben erwähnten Vorgaben teilweise nicht.
BVerwG, Urt. v. 02.03.2017 – 2 C 21.16
Pressemitteilung des BVerwG Nr. 12/2017 v. 03.03.2017