Der EuGH hatte am 11.11.2014 zu entscheiden, ob in der österreichischen Übergangsregelung für Altbeamte eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters im Sinne des Unionsrechts liegt.
Die Beamtenbesoldung in Österreich basiert auf einer Vorrückungslaufbahn. Nach der alten Regelung rückte ein Beamter grundsätzlich alle zwei Jahre in die nächsthöhere für ihn vorgesehene Gehaltsstufe vor. Bei der Ermittlung des dafür maßgeblichen Stichtags wurden neben dem Tag der Anstellung auch Vordienstzeiten berücksichtigt, allerdings nur, soweit sie nach dem 18. Lebensjahr lagen. Um dem Unionsrecht und insbesondere der Rechtsprechung des EuGH zur Altersdiskriminierung Rechnung zu tragen, wurde diese Regelung im Jahr 2010 dahin geändert, dass nunmehr auch vor dem 18. Lebensjahr liegende Zeiten berücksichtigt werden. Zugleich wurde aber der Zeitraum für die erste Vorrückung von zwei auf fünf Jahre verlängert. Altbeamte, die sich nach der alten Regelung diskriminiert sahen, konnten für die Neuregelung optieren und damit eine Neuberechnung ihres Vorrückungsstichtags unter Berücksichtigung von vor dem 18. Lebensjahr liegenden Zeiten erlangen. Diese Neuberechnung bringt es allerdings mit sich, dass für die erste Vorrückung nunmehr fünf statt wie bisher nur zwei Jahre angesetzt werden. Ein Altbeamter, der von dieser Option Gebrauch macht, erlangt somit zwar einen diskriminierungsfrei errechneten Vorrückungsstichtag. Aufgrund der im neuen System vorgesehenen langsameren Vorrückung verbessert sich seine besoldungsrechtliche Stellung und somit sein Gehalt aber nicht in dem Ausmaß, dass er einem nach der alten Regelung in diskriminierender Weise begünstigten und dieser Altregelung weiterhin unterliegenden Altbeamten gleichstünde.
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof möchte vom EuGH u.a. wissen, ob in dieser Übergangsregelung für Altbeamte eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters im Sinne des Unionsrechts liegt und ob sie ggfs. gerechtfertigt ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Klage von Herrn S. zu entscheiden, eines Bundesbeamten, der sich trotz der Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtags wegen der Anwendung des nunmehr fünfjährigen Zeitraums für die erste Vorrückung weiterhin benachteiligt sieht.
Der EuGH hat dem österreichischen Verwaltungsgerichtshof wie folgt geantwortet:
1. Art. 2 Abs. 1 und 2a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre eingeführt wird.
2. Die Art. 9 und 16 der Richtlinie 2000/78 sind dahin auszulegen, dass ein Beamter, der durch die Art der Festsetzung seines Vorrückungsstichtags eine Diskriminierung wegen des Alters erlitten hat, die Möglichkeit haben muss, unter Berufung auf Art. 2 der Richtlinie 2000/78 die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, auch wenn dieser Stichtag auf seinen Antrag hin neu festgesetzt wurde.
Im Zusammenhang mit seiner ersten Antwort hat der EuGH festgestellt, dass der österreichische Gesetzgeber im Jahr 2010 ein Besoldungs- und Vorrückungssystem eingeführt habe, das es ermögliche, bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtags die gesamte Berufserfahrung der Arbeitnehmer zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie vor oder nach Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben worden sei. Damit werde der Vorrückungsstichtag künftig ohne Diskriminierung wegen des Alters bestimmt.
Die Neuregelung enthalte gleichwohl eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung im Sinne der Richtlinie, da die zugleich neu eingeführte Verlängerung des für die Vorrückung von der ersten in die zweite Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre nur für Beamte gelte, die Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt hätten. Diese Ungleichbehandlung könne nicht durch Haushaltserwägungen oder administrative Erwägungen gerechtfertigt werden.
Auch Besitzstandwahrung und der Schutz berechtigten Vertrauens könnten diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Diese Ziele könnten nämlich nicht eine Maßnahme rechtfertigen, mit der – sei es auch nur für bestimmte Personen – eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben werde, die durch die Reform eines diskriminierenden Systems, zu der diese Maßnahme gehöre, beseitigt werden solle. Eine solche Maßnahme sei, auch wenn sie die Wahrung des Besitzstands und den Schutz des berechtigten Vertrauens der vom früheren System begünstigten Beamten sicherzustellen vermöge, nicht geeignet, für die vom früheren System benachteiligten Beamten ein diskriminierungsfreies System zu schaffen.
EuGH, Urt. vom 11.11.2014 – Rs. C-530/13