Das OVG Münster hat am 12.09.2018 entschieden, dass das Land Nordrhein-Westfalen einem Bewerber für den Polizeivollzugsdienst nicht deshalb die Einstellung versagen durfte, weil er auf seinem Unterarm eine großflächige Löwenkopf-Tätowierung trägt.
Der Kläger hatte sich für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen zum 01.09.2017 beworben. Er trägt auf der Innenseite seines linken Unterarmes eine Tätowierung in Gestalt eines Löwenkopfes mit einer Größe von 20 cm x 14 cm. Das zuständige Landesamt lehnte unter Berufung auf einen entsprechenden Verwaltungserlass die Einstellung des Klägers ab, weil sich die Tätowierung – beim Tragen der Sommeruniform – im sichtbaren Bereich befinde und mehr als handtellergroß sei.
Nachdem das VG Düsseldorf das Land im Eilverfahren verpflichtet hatte, den Kläger zum weiteren Auswahlverfahren zuzulassen (Beschl. v. 24.08.2017 – 2 L 3279/17), wurde er nach dessen erfolgreichem Abschluss zum Kommissaranwärter ernannt. Das Land hatte sich aber ausdrücklich eine spätere Entlassung vorbehalten, sollte es im gerichtlichen Hauptsacheverfahren obsiegen.
Das VG Düsseldorf hatte entschieden, dass das Land den Kläger nicht allein wegen seiner Tätowierung hätte ablehnen dürfen.
Das OVG Münster hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts hat das Land die Einstellung des Klägers zu Unrecht wegen seiner Tätowierung versagt. Die Reglementierung zulässiger Tätowierungen im Beamtenverhältnis bedürfe einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Hier liege aber kein Parlamentsgesetz, sondern nur ein Erlass der Verwaltung des Landes vor, der festlege, welche Tätowierungen zur Ablehnung führten. Das Oberverwaltungsgericht schloss sich damit der Rechtsprechung des BVerwG an, wonach es Sache des Gesetzgebers sei, Eignungsanforderungen für den Polizeivollzugsdienst festzulegen, die – wie die Reglementierung von Tätowierungen – in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht eingriffen. Der parlamentarische Gesetzgeber müsse die für die Grundrechtsverwirklichung bedeutsamen Regelungen selbst treffen und dürfe dies nicht der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen. Zudem sei es Aufgabe des Gesetzgebers, gesellschaftliche Vorstellungen einzuschätzen und ihre rechtliche Relevanz festzulegen. Auch im Falle einer zulässigen Ermächtigung der Verwaltung, Näheres durch Verordnung zu regeln, müsse aus der parlamentarischen Leitentscheidung erkennbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig sein solle.
OVG NRW, Urt. v. 12.09.2018 – 6 A 2272/18
Pressemitteilung des OVG Münster v. 12.09.2018