Das VG Frankfurt hat am 21.09.2017 entschieden, dass für hessische Richterinnen und Richter kein wie im Beamtenrecht übliches Lebensarbeitszeitkonto zu errichten ist.
Im Jahr 2003 wurde im Rahmen der Haushaltskonsolidierung die Erhöhung der Arbeitszeit für die hessischen Beamtinnen und Beamten von 38,5 auf 42 Wochenstunden beschlossen. In einer rund vier Jahre später erfolgten Vereinbarung zwischen dem Land Hessen und dem Deutschen Beamtenbund, Landesbund Hessen, wurde festgelegt, dass den Hessischen Beamtinnen und Beamten für die erhöhte Arbeitszeit ein Ausgleich zu bewilligen ist. Dieser Ausgleich erfolgt in der Regel durch die Gewährung von Dienstbefreiung mit Bezügen, die nach Freistellung vom Dienst vor Eintritt in den Ruhestand abzugelten ist, ausnahmsweise auch in Geld ausgezahlt werden kann. Damit haben sich die Tarifvertragsparteien im Hinblick auf den Umfang der Dienstbefreiung auf ein sog. Ansparsystem mit Wirkung ab 01.01.2007 verständigt. Gesetzlich umgesetzt worden ist dieses System durch § 1a Hessische Arbeitszeitverordnung (HAZVO). Der Kläger, ein Richter am Landgericht, wollte mit der vorliegenden Klage erreichen, dass dieses sog. Lebensarbeitszeitkonto auch für Richterinnen und Richter im hessischen Justizdienst geführt wird. Der Kläger war der Auffassung, dass die Erhöhung der Wochenarbeitszeit für Hessische Beamte auch zu einer Arbeitsverdichtung für die Hessischen Richter geführt habe. Daher sei es nur folgerichtig, dass ein Ausgleich in Form des Lebensarbeitszeitkontos auch für die Richterschaft eingeführt werden müsse. Nach § 2 des Hessischen Richtergesetzes gelten die beamtenrechtlichen Vorschriften auch für die Richterschaft, soweit das Deutsche Richtergesetz nichts anderes bestimme. Staatsanwälte und Rechtspfleger seien ebenfalls Beamte, für die ein Lebensarbeitszeitkonto eingerichtet worden sei. Auch diese Berufsgruppen unterlägen – ebenso wie die Richter – keiner Zeiterfassung. Deshalb müssten auch Richter und Richterinnen von dem oben genannten Ansparmodell profitieren können. Das beklagte Land Hessen wandte sich gegen die Klage und verwies insbesondere auf die Vorschrift des § 25 Deutsches Richtergesetz, die bestimme, dass Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen seien. Dies sei in Art. 97 GG verfassungsrechtlich normiert. Diese Unabhängigkeit beinhalte auch, dass für Richter und Richterinnen keine festen Arbeitszeiten gelten, so dass die Hessische Arbeitszeitverordnung und insbesondere deren eingeführter Paragraphen § 1a HAZVO für die Richterschaft nicht zur Geltung kommen könne.
Das VG Frankfurt hat sich der Sichtweise des Landes Hessen angeschlossen und die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts steht § 1a HAZVO in engem Zusammenhang mit § 1 HAZVO und stellt auch sprachlich eine deutliche Bezugnahme lediglich auf die Arbeitszeitregelung her. Da eine solche Regelung für Richter nicht gelte, könne auch eine Abgeltung der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit für Richter nicht in Betracht kommen. In mehreren obergerichtlichen und auch verfassungsgerichtlichen Entscheidungen sei die Unabhängigkeit der Richter, wie sie aus Art. 97 GG folge, als ein hohes Rechtsgut eingestuft worden. Die nicht vorhandene Arbeitszeitregelung stelle einen Ausfluss der Unabhängigkeit dar. Insoweit könnten sich die hessischen Richterinnen und Richter nicht auf die nur für Beamten geltenden Arbeitszeitregelungen und dementsprechende Ausgleichsmöglichkeiten berufen. Dies ergebe sich eindeutig aus § 2 HRG, der nur dann eine Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften für Richterinnen und Richter ermögliche, “… soweit das Deutsche Richtergesetz nichts anderes bestimmt”. Durch die ebenfalls in § 25 DRG normierte Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Richterinnen und Richter werde aber eine andere Regelung getroffen, die gerade den Unterschied zur Beamtenschaft deutlich mache. Aus diesem Grund könne die Vergünstigung für die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit für Beamte nicht für die Richterschaft entsprechend angewandt werden.
Das Gericht hat die Berufung an den VGH Kassel zugelassen.
VG Frankfurt, Urt. v. 21.09.2017 – 9 K 5730/16.F (nicht rechtskräftig)
Pressemitteilung des VG Frankfurt Nr. 11/2017 v. 21.09.2017