Der VGH München hat am 14.07.2015 unter Abänderung eines Urteils des VG München entschieden, dass ein gravierend in seiner Sehfähigkeit eingeschränkter bayerischer Beamter Anspruch hat auf beihilferechtliche Erstattung ihm ärztlich verordneter Gleitsichtgläser hat.
Nach Auffassung des VGH München ist die im bayerischen Beihilferecht seit dem Jahr 2004 für Erwachsene enthaltene Beschränkung der Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen auf einige wenige Diagnosen (z.B. Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges) nicht mit Verfassungsrecht vereinbar und damit nichtig. Die Beschränkung in der Bayerischen Beihilfeverordnung käme einem Teilausschluss gleich und sei mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht vereinbar. Dieser müsse nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Dies schließe zwar grundsätzlich nicht aus, bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der beamtenrechtlichen Beihilfe auszuschließen. Ärztlich verordnete Sehhilfen seien aber – jedenfalls bei gravierenden Sehschwächen – unverzichtbare Hilfsmittel, um grundlegende Verrichtungen des täglichen Lebens besorgen zu können. In diesen Fällen dürfe die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden.
Der Anspruch auf Erstattung beziehe sich auf ärztlich verordnete Brillengläser. Der Kläger hatte seinen Antrag von vorneherein beschränkt auf die in der Bayerischen Beihilfeverordnung enthaltenen Höchstbeträge (ohne Brillenfassung). Das Urteil lasse sich nicht übertragen auf die gesetzliche Krankenversicherung, in der für Sehhilfen ebenfalls Beschränkungen vorgesehen sind. Die Sicherungssysteme der gesetzlichen Krankenversicherung und der Beamtenbeihilfe (mit ergänzender privater Eigenvorsorge) seien, insbesondere im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen, nicht vergleichbar.
Gegen die Entscheidung kann beim BVerwG innerhalb eines Monats nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe, die in einigen Wochen zu erwarten sind, Revision eingelegt werden. Der VGH München hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung des VGH München v. 16.07.2015