Polizeibeamte des Bundes haben für ihren Einsatz während des G7-Gipfels in Elmau und während der anschließenden Bilderberg-Konferenz Anspruch auf weiteren Freizeitausgleich auch für in den Dienstplänen so bezeichnete Ruhezeiten, während deren die Beamten in ihren Unterkünften vor Ort bestimmten Einschränkungen unterlagen, um für eine eventuell notwendig werdende Heranziehung bereit zu sein. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Kläger der acht Revisionsverfahren sind Polizeivollzugsbeamte des Bundes (Bundesbereitschafts-polizei). Sie wurden im Rahmen des G7-Gipfels in Elmau eingesetzt, sechs Kläger zusätzlich während der anschließenden Bilderberg-Konferenz. In dem zugrundeliegenden Einsatzbefehl hieß es, dass erforderliche Mehrarbeit hiermit auf Grundlage des § 88 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) angeordnet werde. Während der Ruhezeiten in der Unterkunft vor Ort galten für die Beamten verschiedene Einschränkungen hinsichtlich ihres Aufenthaltsorts und zur Art und Weise, wie sie diese Zeiten verbringen durften. Der Dienstherr gewährte den Klägern Freizeitausgleich in näher bestimmtem Umfang (ohne die Ruhezeiten), wobei er für den Einsatz bei der Bilderberg-Konferenz die pauschalierende Abrechnung gemäß § 11 des Bundespolizeibeamtengesetzes (BPolBG) wählte.
Die Klagen hatten in der Berufungsinstanz insoweit Erfolg, als den Klägern jeweils weiterer Freizeitausgleich auch für die Ruhezeiten zuerkannt wurde.
Auf die jeweils eingelegte Revision der Bundesbereitschaftspolizei hat das Bundesverwaltungsgericht die Berufungsurteile im Ergebnis im Wesentlichen bestätigt:
Mit dem Einsatzbefehl zum G7-Gipfel in Elmau hat der Dienstherr Mehrarbeit im Sinne von § 88 Satz 2 BBG angeordnet. Der Anspruch der Kläger auf weiteren Freizeitausgleich nach dieser Vorschrift schließt auch die in den Dienstplänen vorgesehenen Ruhezeiten mit ein. Bei diesen Zeiten handelt es sich im Sinne der übereinstimmenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts bei zutreffender rechtlicher Einordnung um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit, weil der Dienstherr das Bestimmungsrecht der Beamten, wo und wie sie diese Zeit verbrachten, durch verschiedene Vorgaben in erheblicher Weise eingeschränkt hatte. Die Beamten mussten ihre persönliche Ausrüstung einschließlich der Waffen ständig bei sich führen, sie mussten jederzeit erreichbar sein und durften ihre Unterkunft allenfalls zu bestimmten Anlässen und nur nach vorheriger Genehmigung, nicht jedoch nach eigenem Belieben verlassen. Diese Zeiten hatten daher das Gepräge eines Sich-Bereithaltens. Sie sind im Rahmen von § 88 Satz 2 BBG wie Volldienst im Umfang 1 : 1 auszugleichen.
Für den unter denselben Bedingungen absolvierten Einsatz bei der Bilderberg-Konferenz, für den der Dienstherr – anstelle von § 88 BBG – eine pauschalierende Abrechnung gemäß § 11 BPolBG gewählt hatte, gilt: Diese Pauschalierungsbefugnis setzt nach ihrem Sinn und Zweck voraus, dass es in dem Einsatzzeitraum auch Stunden gibt, die tatsächlich Ruhezeit, d.h. keine Arbeitszeit, sind. Hieran fehlte es vorliegend. Der deshalb ebenfalls nach § 88 Satz 2 BBG zu gewährende Freizeitausgleich führt auch hier dazu, dass die so bezeichneten Ruhezeiten als Zeiten des Bereitschaftsdienstes und deshalb im Verhältnis 1 : 1 auszugleichen sind.
BVerwG, Urt. v. 29.04.2021 – 2 C 18.20 u.a.
Pressemitteilung des BVerwG vom 29.04.2021